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Ein kleiner Gedanke zum Frieden

Wilde Schafe3

Im Nahen Osten konkurrieren zwei Friedenskonzepte. Das erste: Ein Staat für zwei Nationen. Das zweite: zwei Staaten für zwei Nationen. Beide Ideen funktionieren nicht. Ein Staat für zwei Nationen, die sich unendlich hassen – und das aus guten Gründen – das ist dasselbe, wie ein Paar zusammen in eine Wohnung zu zwingen, wenn die Liebe schon seit langem vorbei ist und beide sich hassen und verachten –  mit einem kleinen Unterschied: Bei dem Paar endet es in der Regel nur selten mit einem Mord. Die zweite Idee, das Land zu teilen, ist schon besser. Aber nicht zu Ende gedacht. Ich möchte es erklären.

 Erst einmal stellen wir fest, dass die Idee mit den zwei Staaten die bessere ist, weil die Feinde eine Option haben, sich aus dem Weg zu gehen. Leider sind die beiden Nationen auch in sich verfeindet. Es gibt religiöse und nicht-religiöse Juden, beide versuchen, ihren Glauben bzw. Nichtglauben ins Zentrum des politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Lebens zu stellen. Herrscht das Thoragesetz über das Zivilleben, sind die Nicht-Religiösen unglücklich. Ist das Gesetz im Land säkular, sehen die Religiösen Rot. Dasselbe gilt für die Palästinenser. Um blutige Konflikte zu vermeiden, wäre es also besser, das Land durch vier zu teilen.

 Damit sind aber noch immer nicht alle Konflikte vom Tisch. Es gibt auch Menschen, die sich mit keiner bestimmten Gruppe definieren wollen. Vielleicht leben sie in gemischten Familien. Ein religiöser Jude mit einer nicht-religiösen Palästinenserin zum Beispiel. Oder sie haben gar keinen Grund, wollen aber trotzdem nicht miteinander leben. Sie haben alle das Recht auf einen eigenen Staat. Zusammen macht es also sechs Staaten. Und wenn wir schon dabei sind, müssen wir unterschiedliche Gruppierungen, wie Hamas, PLO und Islamische Jihad, auch berücksichtigen und sie über ihre Identität selbst bestimmen lassen. Da soll es uns nicht überraschen, wenn Anhänger der Rabbi Nachman von Bratzlaw und die Chabad Hassidim völlig unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie ein Gottesstaat funktioniert. Und schließlich gibt es unterschiedliche Wirtschaftsinteressen. Es gibt Neoliberale, Befürworter der Sozialdemokratie, Kommunisten, Nationalisten… wenn wir alle zusammen zählen, kommen wir bald auf 263 unterschiedliche Meinungen darüber, was einen guten Staat ausmacht.

Klingt unrealistisch? Im Gegenteil. Die EU besteht aus 27 Staaten, die USA aus 51, und in Deutschland gibt es 16 verschiedene Länder mit eigenständigen Regierungen. Sie haben alle ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse und es funktioniert. Zugegeben, es hat ein paar hundert Jahre gedauert. Bis dahin haben sie sich alle gegenseitig grausam getötet und geraubt. Heute hassen sie sich noch immer, aber sie wissen nicht mehr, warum. Und gegen sich selbst ist es nicht besonders leicht zu kämpfen – obwohl manche auch das schaffen. Aber im Allgemeinen kann man sagen, es gibt noch Hoffnung für den Nahen Osten. Es dauert bloß, aber wir haben Zeit.

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